Heute lassen wir den Platz einer Gastbloggerin: Evita Moser. Sie wendet die Vintschger Typenlehre selbstverständlich in ihrem Alltag an und hat eine Parallele zwischen der Vintschger Typenlehre und einem Buch entdeckt… Hier kommt Evita:
Jedem, der sich intensiver mit der Vintschger Typenlehre befasst, fallen die vielen möglichen Parallelen zu anderen Persönlichkeitstypologien auf. Eine für mich wichtige Ergänzung und Umsetzungshilfe für die Typenlehre im Alltag ist das Buch „Gefühle und Emotionen – Eine Gebrauchsanweisung“ von Vivian Dittmar.
Der Autorin gelingt es erfolgreich, den Dschungel an inneren Empfindungen, welche wir gemeinhin alle leichtfertig als „Gefühle“ bezeichnen, zu lichten und uns eine Landkarte für weitere Erforschungen in die Hand zu drücken.
Grundsätzlich definiert Dittmar als Gefühl eine Kraft, welche aufgrund einer gedanklichen Interpretation erzeugt wird. Gefühle setzen Kräfte in Gang, haben jedoch eine ganz bestimmte Wirkungsrichtung, die abhängig von der Situation dienlich oder hinderlich sein kann. Angenommen, wir entscheiden uns für die Interpretation, die aktuelle Situation sei.
- FALSCH. Sie entspricht also nicht unseren Bedürfnissen und wir entschließen uns, etwas zu ändern – somit erzeugen wir Wut. Wut wird dem Element Feuer zugeordnet, hat die Kraft der Klarheit und befähigt uns zu handeln.
Sie setzt voraus, dass wir Position beziehen, entscheiden, was wir wollen und brauchen, und mobilisiert die Energie, die gegebene falsche Situation zu verändern.
Der Neumond hat natürlicherweise einen konstruktiven Zugang zur Wut, er weiß sie für sich einzusetzen. Die Vitalität des Neumondes lebt von seiner Klarheit und er weiß instinktiv, dass „Nein“ ein echtes „Ja“ voraussetzt.
Die Wut ermöglicht uns, Grenzen zu setzen, klare Ziele zu haben und Energie zu fokussieren – das macht uns für andere greifbar und fordert Respekt ein, Eigenschaften, die für Neumonde ganz vorne stehen.
So nützlich, wie kanalisierte Wut sein kann, so sehr behindert sie uns in unpassenden Situationen: Da die Aufgabe der Wut die Handlung ist, produziert sie in unveränderlichen Situationen unnötigen Handlungsdrang, der in Aggressivität, Frustration und Zerstörung enden kann – eine Tendenz, die man von Neumonden oft kennt: Sie werden cholerisch, möchten überall, wo sie etwas als falsch wahrnehmen, intervenieren, auch in Angelegenheiten anderer, und behaupten ständig und mit allen Mitteln ihre Position.
Momente, die sich unserem Einfluss entziehen, können wir alternativ interpretieren als
- SCHADE. Auch hier beziehen wir Position und erkennen, dass die Situation nicht unseren Bedürfnissen entspricht, allerdings im Wissen, dass wir sie nicht verändern können. Wir erzeugen Trauer, deren Aufgabe die Annahme ist. Das zugeordnete Element ist Wasser und der Typ, dem dieses Gefühl am vertrautesten ist, der Vollmond. Trauer ermöglicht uns loszulassen und uns den gegebenen Umständen hinzugeben, mit Trauer können wir akzeptieren, was uns nicht gefällt, aber dennoch als untrennbaren Teil des Ganzen würdigen, egal ob es sich um die Eigenheit eines Menschen, eine Lebensphase oder das Wetter handelt. Sie ermöglicht uns, tief mit uns in Kontakt zu treten. Ausgeglichene Vollmonde wissen um die Kraft gelebter Trauer, und erhalten davon ihre Ausstrahlung von Sanftheit und innerem Frieden.
Wer jedoch andauernd die Interpretation „schade“ trifft, verharrt in der Passivität. Er betrauert jede Situation und verfällt in Selbstmitleid, was eine unaufhörliche Negativspirale in Gange setzt. Bei unausgeglichenen Vollmonden kann man dieses Verhalten oft beobachten: Sie vertreten keine Position, lehnen jegliche Selbstverantwortung ab und finden alles schade, werden passiv und handlungsunfähig und suhlen sich in ihrem eigenen Leid.
Eine Sonne kann hierbei oft Abhilfe schaffen – ihre bevorzugte Interpretation von Situationen ist
- RICHTIG, und erzeugt das sonnige, luftig-leichte, warme Gefühl der Deren Aufgabe besteht in der Wertschätzung des gegenwärtigen Augenblicks und in der hohen Genussfähigkeit, die die Anziehung dieses Typs auch ausmacht. Freude ist in ihrer Blüte sehr einfach: Wir sagen ja zum Moment und zum Leben, kosten das Jetzt aus und können mit Leichtigkeit und Humor über vieles hinwegsehen. Jeder kennt den unaufhaltbaren Schwung der Begeisterung, den Freude versprühen kann, und alle, die selbst keine Sonne sind, kennen das Staunen darüber, welch Kleinigkeiten ihre Wertschätzung erlangen kann und wie reich diese Freude macht.
Häufen sich jedoch die Interpretationen „richtig“ auch dort, wo die Ausgangslage nicht unseren Bedürfnissen entspricht, werden sie zum Verhängnis und die Wertschätzung weicht der Illusion. Dies zeigt sich am Verhalten der Sonne, welche nicht in ihrer Kraft ist: Sie wird naiv, oberflächlich und unauthentisch, behandelt alle Menschen gleich und ist immer „gut drauf“. Die Dualität aller Dinge, Menschen und des Lebens selbst wird verdrängt für eine rosarote Brille, die mit echter Freude wenig am Hut hat.
Ist eine Situation weder richtig, noch falsch oder schade, kann sie uns als ausweglos erscheinen, und wir interpretieren sie als
- Diese Interpretation erzeugt Angst und wird dem Element Erde zugeordnet. Angst macht uns, was sich unserer Vorstellung und Kontrolle entzieht, kurz alles Unbekannte. Es ist das Gefühl, in einer Sackgasse oder an einer Grenze zu stehen und nicht mehr weiter zu wissen. Hinter jeder Sackgasse steckt jedoch ein neuer Weg, und jede Grenze ist eine Möglichkeit, die Welt dahinter zu erfahren. Wichtig anzumerken ist an dieser Stelle, dass Dittmar hier von gesunder Angst als sozialer Kraft spricht, welche sie klar von biologischer Angst trennt (deren Ziel ist schlicht das Überleben).
Für mich persönlich war dieses Gefühl am schwierigsten greifbar, ebenso wie der Typ, zu welchem ich eine Parallele ziehe, nämlich der Sonnenfinsternis. Das Unbekannte ist ein wichtiges Stichwort, jede Sonnenfinsternis lernt es durch ihr eifriges Forschen und Hinterfragen kennenlernt. Durch die Angst zu gehen, bedeutet, das Neue zu entdecken und sich selbst weiterzuentwickeln, Grenzen zu überschreiten und über sich hinauszuwachsen – hier erkenne ich die Figur des Suchenden wieder. Die Sonnenfinsternis ist geprägt von den Fähigkeiten zu suchen, zu erforschen und zu entdecken, in der Welt und in sich selbst und neue Trampelpfade zu errichten, wo andere schon lange umgekehrt sind.
Wird zuviel Angst erzeugt, äußert sich dies ebenfalls in einer für die unausgeglichene Sonnenfinsternis typischen Art: Lähmung. Die Angst steigert sich, indem wir zusätzlich noch Angst vor der Angst haben und in diesem Gefühl stagnieren. Oft kann man auch beobachten, dass Sonnenfinsternisse gedanklich unendlich viele mögliche Lösungen produzieren, dass sie sich für keine entscheiden und in untätiger Lähmung weitere möglichst vollkommene und abgesicherte Lösungsstrategien entwickeln. Dieser innere Konflikt macht nervös, gestresst und handlungsunfähig. Hier gilt es, Angst als Indikator für Unbekanntes schätzen zu lernen und sich bewusst zu sein, dass dahinter eine Chance wartet, das Leben und das eigene Potential zu entdecken.
Vivian Dittmar spricht außerdem ein fünftes Gefühl an, welches eine Sonderstellung bezieht und der Selbstreflexion zugedacht ist: Die Scham. Auch wenn man meinen könnte, dieses Gefühl betrifft vorallem Vollmonde, steht es tatsächlich mit allen Typen gleich intensiv in Verbindung, wenn auch jeweils sehr unterschiedlich. In diesem Video nochmals die Vorstellung des Gefühlskompasses:
Ich hoffe, dieser sehr kurzgefasste Einblick konnte euch neugierig machen – vor allem auf euch selbst, darauf, euren inneren Dschungel zu erforschen und die Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen.
Mir persönlich hilft es dabei, die Fähigkeiten von anderen Typen schätzen zu lernen und meine Handlungspalette zu erweitern, oder um es mit Dittmars Worten zu sagen, bewusst eine andere Interpretation zu treffen und ein Gefühl zu erzeugen, das mir in der aktuellen Situation bestmöglich hilft.
Evita
Buchtipp:
Gefühle und Emotionen – Eine Gebrauchsanweisung
Vivian Dittmar
ISBN 978-3-940773-01-2
ebook ISBN 978-3-940773-03-6
Die Erstauflage gibt es auch auf Italienisch.
Und hier geht es zur betreffenden Website.
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